524. Herr! deine treue ist so groß

1 Herr! deine treue ist so groß,
Daß wir uns wundern müssen,
Wir liegen vor dir arm und bloß
Zu deinen gnaden-füssen:
Die bosheit währet immerfort,
Und du bleibst doch der treue Hort,
Und willst uns nicht verderben.

2 Die sünde nimmet überhand,
Du siehest selbst die schmerzen,
Die wunden sind dir wohl bekannt
Der sehr verkehrten herzen;
Die schulden nehmen täglich zu,
Es haben weder rast noch ruh,
Die dir den rücken kehren.

3 Dein auge stehet wider die,
So deiner wege fehlen,
Und in dem ganzen leben hie
Den krummen weg erwählen,
Und suchen in dem sünden-wust
Zu büssen ihre fleisches-lust,
Nach dem verderbten willen.

4 Die creatur entsetzet sich
Und seufzet, frey zu werden,
Sie wartet und thut ängstiglich;
Der himmel und die erden,
Die deiner finger werke sind,
Und was sich in denselben find't,
Beweinen solch verderben.

5 Wir hoffen dennoch fest zu dir,
Du werdest uns erhören,
Wir flehen, o Gott! für und für,
Du wollest doch bekehren
Die sünden-volle blinde welt,
Die sich für so glückselig hält,
Da sie zur höllen eilet.

6 Erbarme dich, o treuer Gott,
Der du die welt geliebet,
Die welt, die ganz in sünden tod,
In irrthum dich betrübet;
Gib deinem werthen worte kraft,
Daß es in solcher herzen haft',
Die hart sind, wie die felsen.

7 Laß doch die welt erkennen noch
Mit ihren blinden kindern,
Wie sanft und angenehm dein joch
Sey denen armen sündern,
Die fühlen ihre sündenschuld,
Und wenden sich zu deiner huld,
Und deines Sohnes wunden.

8 Die heerde, die du hast erwählt,
Die setze du zum segen,
Und schenke, was ihr annoch fehlt,
Zu gehn auf rechten wegen;
Laß deine treue, aug und hand
Seyn deinen gliedern wohl bekant,
die deiner güte trauen.

9 Ein vater und ein hirte meynt
Es treulich mit den seinen.
Du bist noch mehr, als beyde seynd,
Du kansts nicht böse meynen;
Drum trauen wir allein auf dich,
Ach! leite du uns väterlich
Nach deinem rath und willen.

10 Hier sind wir deine reben schon,
Und freuen uns darneben,
Daß du uns die genaden-kron
Nunmehro bald wirst geben;
Wir hoffen bald dein angesicht
Zu sehen dort in deinem licht,
Da uns das lamm wird weiden.

Text Information
First Line: Herr! deine treue ist so groß
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Von der Klagen der Christlichen Kirche; Laments of the Christian Church
Notes: Mel. Aus tiefer noth schrey ich.
Tune Information
(No tune information)



Suggestions or corrections? Contact us