284. Ein's ist noth! ach! Herr, dies eine

1 Eins ist noth! ach! Herr dis eine
Lehre mich erkenne doch:
Alles andre, wie's auch scheine,
Ist ja nur ein schweres joch,
Darunter das herze sich naget und plaget,
Und dennoch kein wahres vergnügen erjaget.
Erlang ich dies eine, Das alles ersetzt,
So werd ich mit einem in allem ergetzt.

2 Seele, wilst du dieses finden,
Suchs bey keiner creatur!
Laß was irdisch ist, dahinten,
Schwing dich über die natur,
Wo Gott und die menschheit in einem vereinet,
Wo alle vollkommene fülle erscheinet,
Da, da ist das beste, nothwendigste theil,
Mein ein und mein alles, mein seligstes heil.

3 Wie Maria war beflissen
Auf des einigen genieß,
Da sie sich zu Jesu füssen
Voller andacht niederließ.
Ihr herze entbrannte, dis einzig zu hören,
Was Jesus ihr Heiland sie wollte belehren.
Ihr alles war gänzlich in Jesum versenkt,
Und wurde ihr alles in einem geschenkt.

4 Also ist auch mein verlangen,
Liebster Jesu, nur nach dir,
Laß mich treulich an dir hangen,
Schenke dich zu eigen mir.
Ob viel auch umkehrten zum grössesten haufen,
So will ich dir dennoch in liebe nachlaufen;
Denn dein wort, o Jesu, ist leben und geist,
Was ist wohl, das man nicht in Jesu geneußt?

5 Aller weisheit höchste fülle
In dir ja verborgen liegt.
Gib nur, daß sich auch mein wille
Fein in solche schranken fügt,
Worinnen die demuth und einfalt regieret
Und mich zu der weisheit, die himmlisch ist, führet.
Ach! wenn ich nur Jesum recht kenne und weiß,
So hab ich der weisheit vollkommenen preis.

6 Nichts kan ich vor Gott ja bringen,
Als nur dich, mein höchstes gut:
Jesu, es muß mir gelingen,
Durch dein theur vergoßnes blut.
Die höchste gerechtigkeit ist mir erworben,
Da du bist am stamme des creutzes gestorben:
Die kleider des heils ich da habe erlangt,
Worinnen mein glaube in ewigkeit prangt.

7 Nun so gib, daß meine seele
Auch nach deinem bild erwacht,
Du bist ja, den ich erwähle,
Mir zur heiligung gemacht.
Was deiner zum göttlichen wandel und leben,
Ist in dir, mein Heiland, mir alles gegeben:
Entreisse mich aller vergänglichen lust,
Dein leben sey, Jesu, mir einzig bewußt.

8 Ja, was soll ich mehr verlangen?
Mich beshwemmt die gnadenfluth,
Du bist einmal eingegangen
In das heilge durch dein blut;
Da hast du die ewge erlösung erfunden,
Und mich von der höllischen herrschaft entbunden:
Dein eingang die völlige freyheit mir bringt,
In kindlichem geiste das Abba, nun klingt.

9 Himmlisch leben, fried und freude
Jetzo meine seele rührt,
Weil auf eine frische weide
Mein Hirt, Jesus, mich gefuhrt,
Nichts süssers kan also mein inneres laben,
Als wenn ich nur, Jesu, dich immer soll haben;
Nichts. nichts ist, das also mich innig erquickt,
Als wenn ich dich, Jesu, im glauben erblickt.

10 Drum auch, Jesu, du alleine
Sollst mein ein und alles seyn.
Prüf, erfahre, wie ichs meyne,
Tilge allen heuchelschein:
Sieh, ob ich auf bösem, betrüglichem stege,
Und leite mich, Höchster! auf ewigem wege;
Gib daß ich hier alles nur achte für koth,
Und Jesum gewinne: dis Eine ist noth!

Text Information
First Line: Ein's ist noth! ach! Herr, dies eine
Language: German
Publication Date: 1826
Topic: Vom Christlichen Leben and Wandel; Christian Life and Change
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