68. Kommt heut an eurem stabe

1 Kommt heut an eurem stabe,
Ihr halb erstorbene schon,
Und denket an dem grabe
An einen Simeon.

2 Er betet in dem Tempel
Hinauf zu seinem Gott,
Und wird uns ein Exempel
Von einem schönen tod.

3 Still flossen seine tage,
Still wie ein balsam fleußt:
Und hell, wie Sommertage,
So helle war sein geist.

4 Er soll den Tod nicht sehen,
Der gotterfüllte mann,
Bis er von jenen höhen
Den Mittler sehen kann.

5 Er sieht ihn! mit entzücken
Drückt er ihn an die Brust:
Es strahlt von Jesu blicken
Ihm Seligkeit und Luft.

6 Seht doch den frommen alten
Mit flammendem Gesicht
Die welten hände falten,
Und höret, was er spricht:

7 "Mit silbergrauen haaren
Kann ich im frieden nun
Zu meinen Vätern fahren,
Um sanst, wie sie, zu ruh'n:"

8 "Die fülle meiner Freuden,
Die hülfe aus den höhn,
Das licht der blinden heiden,
Den trost hab' ich gesehn."

9 Nun wird sein glaube größer,
Und sein entzücken steigt;
Er drücket den Erlöser
Fest an sein herz-- und schweigt.

10 Herr, soll ich alt an Jahren,
Gekrümmt von harm und noth,
Zu meinen Vätern Jahren:
So sterb' ich seinen Tod!

11 Zwar werd' ich Gott nicht sehen
Noch hier, wie Simeon;
Doch über jenen höhen
Erwartet er mich schon.

12 "Dann tönen meine lieder:
Heil mir! nun seh' ich ihn!"
"Die Himmel hallen wieder;
Heil dir! nun siehst du ihn!"

Text Information
First Line: Kommt heut an eurem stabe
Language: German
Publication Date: 1817
Topic: Von dem Stande der Erniedrigung Christi: Von der Kindheit und den Jugendjahren Jesu, bis auf seine Bekanntmachung durch Johnnes den Täufer
Notes: Mel. Christus, der ist mein u.
Tune Information
(No tune information)



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